
Hans Günter Winkler hatte seine Wunderstute Halla, die einst für ihn olympisches Gold abholte. Andreas Toba hatte das Pauschenpferd, das ihn in Rio zu olympischem Heldenstatus trug. Frank Stäbler hatte nichts – außer seinem Stolz und Glauben, dass es trotz eines Risses des Syndesmosebandes und eines angerissenen Außenbandes im rechten Fuß mit der Medaille in Rio klappen würde. Es klappte nicht. Weil der Ringer aus Musberg bei seinen Kämpfen immer wieder Schmerzen hatte, „als ob mein Bein auseinander klappt“. Der Weltmeister wurde am Dienstagabend Siebter. Und war fix und fertig.
Geheim gehalten Frank Stäbler schlich humpelnd aus der Halle, den Kopf gesenkt und die Schultern hängend wie weiland Uwe Seeler bei der Tragödie von Wembley. Der 27-Jährige hatte es gegen die Empfehlung der Ärzte probiert, sich auf die große Bühne Olympia gestellt, getreu dem Ringer-Motto: Wer steht, kann auch ringen. Frank Stäbler, der die vor etwas mehr als einer Woche im Trainingslager in Burghausen zugezogene Verletzung geheim gehalten hatte, presste diesen Satz heraus: „Jetzt muss ich verdammte vier Jahre warten, bis ich die nächste Chance habe.“ Man könnte meinen, Europa- und Weltmeisterschaften zählen nichts. So ist es nicht. Vielmehr so: die Olympischen Spiele sind eine noch viel größere Bühne für seine Sportart, für ihn, für seine Kollegen.
Schwergewicht Eduard Popp sagte es so: „Ich war schon sehr verwundert, als ich nach meinem Kampf mein Handy angemacht und die 200 und ich weiß nicht wie viel Nachrichten gesehen habe. Diese Aufmerksamkeit sind wir nicht gewohnt. Dabei ist eine Weltmeisterschaft genauso groß. Aber das hier ist eben Olympia.“
Und deshalb wird dem 25-Jährigen vom VfL Neckargartach nach und nach bewusst, was ihm mit Platz fünf am Montagabend Außergewöhnliches gelungen war. Geschlafen habe er schlecht: „Ich war noch am Verarbeiten.“ Auch der vielen, vielen positiven Reaktionen „von zum Teil völlig unbekannten Menschen, die den einen oder anderen Bericht in der Presse gelesen haben“. Es werde noch eine Weile dauern, bis er alle Rückmeldungen beantwortet habe.
Während der Kämpfe von Frank Stäbler saß Eduard Popp neben seiner Mutter, die Geburtstag hatte, mitten im Publikum. „Das war super, eine gute Leistung“, sagte Tatjana Popp über den olympischen Auftritt ihres Sohnes, der knapp eine Medaille verpasst hatte. „Ich bin stolz.“
Weltklasse-Turnier Sportdirektor Jannis Zamanduridis war es auch. Auf die ganzen Griechisch-römisch-Jungs mit Bronzemedaillengewinner Denis Kudla (bis 85 Kilogramm), Frank Stäbler (bis 66) und Eduard Popp (bis 130). „Eddy hat ein Weltklasse-Turnier gerungen, eine absolute Topleistung gebracht. Seine Entwicklung in den vergangenen eineinhalb, zwei Jahren ist absolut beeindruckend.“
Über Frank Stäbler sagte Jannis Zamanduridis noch: „Er ist ein großer Kämpfer. Aber die Verletzung stellte sich doch als zu großes Handicap dar.“ Dennoch wurde es eine große olympische Geschichte. Wenn auch, wie im schmerzhaften Fall von Andreas Toba, eine ohne Medaillenglanz.
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