
Realisieren, was passiert ist, das gelingt Eduard Popp erst mit Verzögerung. Es dauert seine Zeit, ehe der Kopf verarbeitet, was der Körper geleistet hat. Dazu braucht es Ruhe. Die Möglichkeit, nachzudenken. Noch einmal die Minuten zurückdrehen. Im Raffer erleben, was die Tage in Zrenjanin bedeuten. Diese Stadt in der serbischen autonomen Provinz Vojvodina wird Eduard Popp nie vergessen. Hier hat er sich mit Platz zwei im europäischen Qualifikationsturnier seinen sportlichen Traum von Olympia in Rio erfüllt. Hier hat er auf seine Art ein Versprechen eingelöst. Dass der 24-Jährige mit der Ringer-Nationalmannschaft im August nach Brasilien fliegt, ist auch ein persönliches Dankeschön an seinen 2003 verstorbenen Vater Jakob, einst siebenmaliger russischer Meister.
„Erst auf dem Rückflug habe ich es so richtig kapiert“, sagt Eduard Popp, „da ist mir bewusst geworden, dass ich mich qualifiziert habe.“ Ein Gefühl der tiefen inneren Zufriedenheit spürt er. Und Erleichterung. Auch bei Sportdirektor Jannis Zamanduridis und Bundestrainer Michael Carl, der damit einen weiteren Athleten zu den Sommerspielen bringt. Dass es Eduard Popp geschafft hat, hilft auch ihm. Alle haben sie endlich Planungssicherheit.
Umfeld Zudem: Der Griechisch-Römisch-Spezialist trainiert und startet für keinen Bundesligisten, sondern trägt noch immer das Trikot des Regionalliga-Aufsteigers VfL Neckargartach, der im SV Heilbronn am Leinbach beheimatet ist. Eine spezifische Situation, die im Deutschen Ringer-Bund (DRB) nicht alle als optimal ansehen. Eduard Popp ist sein Umfeld wichtig, er genießt die Zeit mit Ehefrau Annika und seinem knapp zweijährigen Sohn Jakob. Auch nach der Rückkehr aus Serbien am Montagabend. „Es ist ein besonderer Moment heimzukommen und mit der Familie zu feiern“, sagt Eduard Popp. Mindestens so schön: Auch die nächsten Tage bleibt Gelegenheit, es etwas ruhiger anzugehen.
Motivation Seine Sporttasche hat der Schwergewichtler für zwei Wochen gepackt. Doch der zehrende Flug in die Mongolei – nur drei Stunden nach der Ankunft aus Serbien – bleibt Eduard Popp erspart. Der Qualifikation sei Dank. Auf dem Flughafen aber lässt er es sich nicht nehmen, den Kollegen motivierende Worte mit auf die Reise zu geben.
Eduard Popp ist auf der Matte selbstbewusster geworden. Die Erfolge stärken ihn. Mental, doch dank der harten Einheiten im Ausdauerbereich und dem steten Verbessern der Regenerationsfähigkeit zwischen den Kämpfen, ist der deutsche Meister fitter denn je. „Ich weiß nun, dass ich die vollen sechs Minuten durchhalten kann“, sagt Eduard Popp. Durchackern statt durchschnaufen. Obendrein kommt die Erfahrung, besonders bei internationalen Einsätzen. Der Geförderte der Sporthilfe Unterland kommt immer besser mit dem Druck zurecht, lernt, ihn nicht zuzulassen, dafür zu beherrschen. Auf diese Weise ist der Kopf frei, nicht mit Störfaktoren blockiert.
Noch weiß Eduard Popp nicht, wie es konkret bis Olympia in Rio de Janeiro weitergeht, wann welche Trainingslager und Wettkämpfe anstehen. Das bespricht er nächste Woche – wie auch Weltmeister Frank Stäbler aus Musberg – mit dem Bundestrainer.
Vertrauen Klar ist, dass er bis Brasilien auch mit Marcus Mackamul arbeitet. Durch (Turnier-)Erfolge wie in Dänemark sind sie zusammengewachsen, haben sich näher kennengelernt, Vertrauen gefasst. Das ist wichtig, besonders für Sportler und ihre sensible Seele. „Es gibt einem Ruhe und erdet, wenn jemand dabei ist, den man kennt. Er gibt mir auch Impulse“, sagt Popp über den ehemaligen Topringer. Auch im Team des Projektes „Together for gold“ wollen sie „den Moment nutzen“, wie Popp es ausdrückt. Im Erfolgsfalle fällt das Werben leichter.
Das Poppsche Erfolgsprinzip der kleinen Schritte soll weiter funktionieren. Das erste Gebot: nicht zu weit denken. Bis August heißt das konzentriert weitermachen.
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