
Julika Funke liebt ihre Heimat und wagt doch den Schritt an den Stützpunkt nach Dormagen
Amerika. Das Land, in dem Julika Funke geboren ist. Heimatgefühle aber entwickelt sie daheim. In Rosengarten bei Schwäbisch Hall. Dennoch denkt die 19-Jährige immer wieder mal intensiver darüber nach, ihre zweite Staatsbürgerschaft zu nutzen – und hinzuziehen. Zumindest eine Zeit lang. Wie jene zwei Monate nach dem Abitur. Schließlich genießt ihr Sport, das Fechten, dort einen höheren Stellenwert. „Dort stecken ganz andere Summen dahinter“, sagt Julika Funke, die für den FC Würth Künzelsau Säbel ficht. Weil es Collegesport ist. Und Erfolge helfen, einen Platz an den Top-Unis zu erhalten. Noch aber ist Julika Funke nicht so weit. „Das ist mir dann doch zu weit weg von zu Hause“, sagt sie, „ich bin ein extremer Familienmensch.“
Wie wuchtig dieses Gefühl ist, spürt Julika Funke, als sie vergangenes Jahr die Entscheidung trifft, des Sports wegen nach Dormagen zu gehen. Am Stützpunkt der Säbelfechter plant die Juniorin den nächsten Karriereschritt. Wie ihre Vereinskollegin Lisa Gette. Mit ihr feiert die deutsche Vizemeisterin bei der EM Team-Gold (Junioren), dazu Silber bei der WM.
Tiefer Einschnitt Julika Funke möchte oben ankommen. Auch bei den Aktiven. Dafür ist sie bereit, viel zu geben. Und doch fällt es ihr sehr schwer, an einem anderen Ort neu anzufangen. „Im Nachhinein kann ich das auch sagen“, meint die junge Frau, die so gerne Fantasy-Romane liest. Von Rosengarten nach Köln, ein tiefer Einschnitt. Eine eigene Wohnung, von jetzt auf gleich auf sich alleine gestellt zu sein, sein Leben als Solistin zu managen, das kostet Kraft.
Anstrengend „Zuerst war es echt anstrengend. Ich bin ein eher introvertierter Typ, tue mich manchmal auch schwer, mit den Menschen zu reden“, sagt Julika Funke und ist doch froh, sich abgenabelt zu haben: „Es lässt einen extrem schnell erwachsen werden. Ich würde es auf alle Fälle wiedermachen.“
Julika Funke fährt irgendwann zurück nach Köln. Wenn die Corona-Pandemie wieder Raum für sportliche Planungen zulässt. Im Moment ruht der Trainingsbetrieb in Dormagen. Eine besondere Situation. Für alle. Ihre Ziele sind abrupt weggebrochen. Weltcups. Die Junioren-WM. Alles abgesagt. „Echt verrückt, alles ist auf den Kopf gestellt“, meint die Hohenloherin. Selbst die Spiele in Tokio sind verschoben. Olympia – ihr Traum, der über allem schwebt. Als Mitglied des Sporthilfe-Perspektivteams sollen die Spiele 2024 in Paris ihre Zeit sein. Auf dem Weg dorthin unterstützt die Bürgerinitiative mit ihrem agilen Ersten Vorsitzenden Richard Lohmiller die Fechterin. „Ich will mir das manchmal nicht so einreden“, sagt Julika Funke über den innigen Wunsch, es bis Olympia zu schaffen. Ihr Credo: Nicht zu viel Druck aufbauen. Sie will fechten, alles geben und schauen, wie weit es geht. Aber: „Das kann mir keiner sagen, der Leistungssport betreibt und dessen Sportart olympisch ist, dass er nicht den Traum hat.“
Julika Funke versucht fit zu bleiben. In der Firma ihres Vaters, wo sie derzeit hilft, hat sie eine kleine Sporthalle. Cardio. Beinarbeit. Athletik. Hier ist Platz. Es ist ihr wichtig, nicht komplett außer Form zu kommen. Trotzdem wartet Julika Funke auf Ansagen oder einen Trainingsplan von Bundestrainer Pierre Guichot. Der Franzose hat seinen Assen erstmal frei gegeben.
Beruf Fechten ist für Julika Funke Beruf. Sie koppelt ihn mit der Bundeswehr und ihrem Studium für International Business. Ihre Tage bestehen zumeist aus Fechten und allem, was dazugehört.
Früher ist das anders gewesen. Das Mädchen Julika ist geritten, hat Tennis gespielt. Dazu Ballett und Fußball – wie ihre ältere Schwester Saskia und der jüngere Bruder Timon. Nicht gerade die klassische Mixtur. „Ich bin einfach total sportbegeistert“, sagt Julika Funke. Also ist sie auch schnell Feuer und Flamme, als die Mama aus dem Internet Infos vom Fechten zieht. Nach nur einem Jahr geht das Talent nach Künzelsau, wo das Training leistungsorientierter ist. Dafür wechselt die Hohenloherin auch die Waffe. Weg vom Florett, hin zum Säbel.
Die nächste Prüfung wird der Übergang von den Juniorinnen zu den Aktiven sein. Für viele ein Weg mit Hindernissen. Doch Julika Funke möchte sich „schneller als sonst entwickeln“. Und vielleicht gibt es ja doch noch eine WM. Oder ein Studiensemester in den USA.