Schwimm-Hierarchien und Reise-Routen

Prominent besetzte Reihen „Unter der Pyramide“: Vertreter aus Kommunalpolitik, Wirtschaft und der großen Sportfamilie haben den geehrten und geförderten Athleten beim Fest des Sports viel Anerkennung gezollt. Fotos: Andreas Veigel

Etwa 450 Gäste sind am Donnerstagabend in die Kreissparkasse Heilbronn gekommen, um beim Fest des Sports mit der Proklamation der Unterländer Sportler des Jahres über den kleinen und großen Sport in der Region und der Welt zu diskutieren.

Work and Travel Als ihn die Kunde seiner Nominierung erreichte, da war Edwin Baitinger schon am anderen Ende der Welt. Seit Oktober weilt der Karateka nun schon in Australien, lässt es sich Down Under gut gehen. „Das hat er sich verdient“, sagt sein Vater Georg. Nach dem Fachabitur hat der 20-Jährige ein Jahr Work & Travel geplant, verschob seine Reise aber kurzfristig. Aus gutem Grund, sonst hätte er die Europameisterschaften im September verpasst. Die gaben überhaupt erst den Ausschlag dafür, dass Baitinger bei der Sportlerwahl nominiert war, denn er kam mit zwei Goldmedaillen im Gepäck zurück. „So konnte er dann mit gutem Gewissen reisen“, sagt sein Vater. Faul auf der Haut aber liegt der Junior nicht: Er trainiert in der Ferne, hat sich einer kleinen Trainingsgruppe angeschlossen: Work, Travel and Training heißt sein Programm nun.

Neue Wege Dazu hat sich auch Felix Mairhofer entschlossen. Der Dreispringer hat sich der TSG Weinheim und damit der Trainingsgruppe von Holger Prestor an seinem Studienort in Mannheim angeschlossen. „Mit 24 ist der richtige Zeitpunkt, nochmal was zu riskieren“, sagt Mairhofer. Zu Beginn des Jahres hat ihn aber erst einmal ein Muskelfaserriss außer Gefecht gesetzt. Kein Drama. „So hatte ich mehr Zeit, für meine Klausuren zu lernen“, sagt der BWL-Student, dem in Mannheim die perfekte Symbiose von Studieren und Trainieren gelingt. „Aus der Vorlesung raus, bin ich in fünf bis zehn Minuten im Training, das ist optimal.“ Schließlich hat der Dreispringer in diesem Jahr ein großes Ziel: „Die 16 Meter sind sowas von überfällig.“

Unbezahlbare Eltern Die Frage von Kerstin Renz war natürlich nicht ernst gemeint, aber durchaus berechtigt: „Wo können wir Eltern eigentlich unsere Geldumschläge abholen“, fragte die Mutter von Leichtathlet Ruven Renz (TV Eppingen). Ja, die lieben Mamas und Papas. Ohne ihre Fahrdienste würden die jungen Athleten nirgendwo starten können. „Wir sind mal für einen einzigen 100-Meter-Lauf bis nach Augsburg gefahren“, wussten auch Uwe und Sandra, die Eltern von Olivia Tzschach (TV Eppingen), zu berichten. „Wir sind da noch Anfänger“, gestand Volker Heinzmann von sich und seiner Frau Corinna, die ihre Tochter Aliena, ebenfalls TV Eppingen, durch die Lande kutschieren. Er wusste aber immerhin, dass es in Mannheim den besten Kaffee gibt. Und an der Ostsee war er im Sommer auch, weil in Rostock die deutschen Meisterschaften stattfanden. Mit dem Wohnwagen. Ein Hotel war in der Ferienzeit nicht mehr zu bekommen, die Tochter hatte sich im Gegensatz zu Ruven Renz und Olivia Tzschach erst spät qualifiziert. „So kommen wir rum, nach Rostock wären wir sonst nie gefahren“, sieht es Kerstin Renz positiv. „Es ist schön, dass wir noch mitdürfen und unseren Kindern nicht peinlich sind“, fand auch Sandra Tzschach. Einfach unbezahlbar. Wer braucht da schon einen Umschlag mit Geld?

Familienzuwachs Häufen sich bei einem Verein Titel- und Medaillengewinne an, wird nach den Vätern des Erfolgs gesucht. Bei den Schwimmern der Neckarsulmer Sport-Union fallen da schnell die Namen der Trainer Christian Hirschmann und Hannes Vitense. Doch da gibt es auch noch Peter Fischer, der im Wortsinne der Vater des Erfolges ist. „Ja, irgendwie stimmt das schon“, sagt Fischer und grinst. Der 56-Jährige ist Papi von Mattika und Bente. Mattika ist mit Christian Hirschmann verheiratet und hat ihren Liebsten aus Pforzheim mit ins Unterland gebracht. „Das eine ist zum anderen gekommen, definitiv sind die Sterne gut für uns gestanden“, erzählt Peter Fischer. „Ohne Mattika, ihren Job bei Audi und das Sportbad mit seinen 50-Meter-Bahnen, wäre vieles nicht so gelaufen.“ Aus den Anfängen ist eine große Schwimmerfamilie im Verein (zusammen-)gewachsen. „Als Sportlicher Leiter bin ich ja der Chef von Chris und Hannes, die müssten mir eigentlich Bericht erstatten, doch das machen die schon lange nicht mehr“, sagt Fischer zwinkernd. Etwas hat Peter Fischer auch an den Erfolgen des ehemaligen Unterländer Sportler des Jahres, Sebastian Kienle, Anteil. „Aber nur ein ganz kleines bisschen“, sagt der Neckarsulmer, der Anfang der 2000er den Nachwuchs des Tri-Teams Heuchelberg im Biberacher Hallenbad trainierte. Darunter waren neben Felix Schumann (Cross-Triathlon) auch der junge Kienle. „Sebi war da schon eine Macht auf dem Rad, tat sich aber mit dem Schwimmen schwer“, erinnert sich Fischer. Das ist auch heute noch so, wenngleich auf einem anderen Level.

Teambuilding Wie es um die schwimmerischen Kompetenzen der Neckarsulmer Handballerinnen steht, kann Selina Kalmbach nicht beantworten: „Wir waren noch nicht beim den Schwimmern, auch wenn die Neckarsulmer Familie eng beieinander ist.“ Zugeschaut haben Um zuzuschauen „müssen wir da auf jeden Fall noch hin“. Und selbst ins Becken hüpfen, quasi als erfrischende Teambuilding-Maßnahme? „Das fände ich total cool. Mal raus aus der Halle und etwas an der Ausdauer arbeiten. Ich würde es begrüßen, selbst wenn das Wasser vielleicht ein bisschen kalt ist – aber daran kann man sich gewöhnen.“

Pokal-Held Christian Maier, „mit ai“, wie er stets betont, ist einer der Ringer-Helden des deutschen Mannschafts-Vizemeisters Red Devils Heilbronn und hat (noch) etwas im heimischen Wohnzimmer stehen, das viele andere seiner Teamkameraden auch gerne hätten. Den übergroßen silbernen Pokal, den die Heilbronner nach dem unglücklich verlorenen Finale in Burghausen überreicht bekommen hatten. „Ich bin ja immer der Letzte, der geht. Ob aus der Dusche raus oder zusammen mit Frank Stäbler bei der Vizemmeister-Party“, erzählt der 28-Jährige. Auch nach der Heimfahrt aus Oberbayern gen Neckargartach war er wieder einmal die letzte Person, die aus dem Bus ausstieg und sich die große Verantwortung aufbürdete, das Pokal-Monstrum zu hüten. Tage später besuchte er in der Römerhalle das Training der jungen Roten Teufel. Mit dabei hatte er die silberne Trophäe. „Für die Kids war es eine gelungene Überraschung und die beste Motivation. Jeder wollte ein Bild von sich und dem Pokal.“

Lehrer-Power Zu Jahresbeginn hat Katharina Rumpus ihr Referendariat am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neckarsulm begonnen. Ihre sportliche Karriere will die Speedskaterin aber dennoch fortsetzen. „Mein Herz hängt an dem Sport, ich will es zumindest versuchen. Die Trainingsumfänge musste ich zwar reduzieren, dafür habe ich aber die Intensität erhöht“, sagt die 25-Jährige. Der erste Weltcup des Jahres fällt glücklicherweise in die Faschingsferien. „Darüber habe ich mich mega gefreut. Es geht nach Spanien“, sagt Katharina Rumpus. Als Mitglied im Powerslide-Profiteam sollte sie zumindest an den Weltcups in Europa teilnehmen, die Wettbewerbe in Übersee fallen definitiv flach. „Es ist ein gutes Gefühl, dass das Team weiter auf mich setzt“, sagt Rumpus. Ein gutes Gefühl versuchte die angehende Mathematik- und Sportlehrerin auch ihrer Referendariats-Kollegin Louisa Wolf zu vermitteln, die am vergangenen Samstag im Handball-Bundesligaspiel ihrer Neckarsulmerinnen einen Kreuzbandriss erlitten hatte. „Wir kennen uns zwar erst seit fünf Wochen, verstehen uns aber super. Als Sportlerin habe ich vielleicht ein besseres Gespür dafür, was so eine Verletzung bedeutet. Diese Woche konnte sie zumindest schon wieder lächeln.“ Eines hat sich Rumpus für ihre künftige Lehrtätigkeit noch fest vorgenommen. „Ich möchte eine Inlineskating-AG ins Leben rufen.“ Wer könnte den Nachwuchs schließlich besser ausbilden als die frühere Junioren-Weltmeisterin.

Prüfungs-Stress Serafin Schefold musste am Donnerstagabend lernen. Also war mit Max Hanselmann nur ein Mitglied des Öhringer Weltmeisterduos im Kunstradfahren gekommen. Kein Problem. Das Studium geht vor. Die beiden blicken schon jetzt voraus. Ihr Ziel ist die Weltmeisterschaft Ende des Jahres in Basel. Und da vor kurzem verkündet wurde, dass die Titelkämpfe ein Jahr später in Stuttgart stattfinden, kommentiert Hanselmann so: „Das würden wir gerne mitnehmen.“