Projekt Titelverteidigung

Wie im Vorjahr: Lisa Schmidla, Marie-Catherine Arnold, Carina Bär und Annekatrin Thiele (von links) sitzen im Doppelvierer und wollen auf dem Beetzsee ihren EM-Titel erfolgreich verteidigen. Foto: Imago

Die Idylle sehen nicht alle. Ruhig liegt der Beetzsee da, landschaftlich reizvoll eingebettet ins Brandenburgische, westlich von Berlin. Carina Bär kennt das Gelände, die Mittelstadt Brandenburg an der Havel, gar zu viele Blicke schenkt sie der Umgebung jedoch nicht. Seit Mittwochmittag ist sie hier, angereist aus der Hauptstadt, wo sie bis Samstagabend mit ihren Kolleginnen trainiert hat.

Standortbestimmung Sie haben ein Ziel: Die Ruder-Europameisterschaften als erster internationaler Vergleich mit der kontinentalen Konkurrenz. „Eine erste Standortbestimmung im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Rio“, sagt Marcus Schwarzrock, Cheftrainer des Deutschen Ruderverbandes (DRV). Der Doppelvierer mit der Unterländer Sportlerin des Jahres aus Bad Rappenau-Babstadt ist Titelverteidiger. Eine Medaille ist beim Härtetest mit Heimvorteil also ein Muss – obwohl sich das Paradeboot der Frauen wie acht weitere Boote mit Platz zwei bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr bereits die Startberechtigung für die Sommerspiele in Südamerika gesichert hat.

Die Erwartungen sind intern wie extern hoch, Erfolgserlebnisse programmiert. Die Fans, darunter Carina Bärs Eltern, ihr Bruder Mathias, aber auch ihr Freund, Achter-Olympiasieger Florian Mennigen und dessen Mama, kommen zum Daumendrücken („Das ist sehr schön, das macht natürlich auch was aus, dass sie dabei sein können“). Für den Doppelvierer, der an diesem Freitag (13.20 Uhr) im zweiten Vorlauf gegen Weißrussland, die Ukraine und Russland in der Besetzung der vergangenen Saison antreten wird: Mit Schlagfrau Lisa Schmidla – Carina Bärs Trainingskollegin am Stützpunkt in Dortmund –, Marie-Catherine Arnold, der 26-Jährigen von der Heilbronner Rudergesellschaft Schwaben und der routinierten Annekatrin Thiele im Bug. Die Stimmung im Team beschreibt Carina Bär vielsagend: „Es ist Olympia-Saison, da sind alle angespannt, das ist normal.“

Soll heißen: Jede mag unbedingt dabei sein bei den Wettbewerben auf der Lagoa Rodrigo de Freitas in Rio, ordnet diesem Ziel extrem viel unter. „Alle Zeichen stehen auf Olympia“, sagt auch Siegfried Kaidel, Vorsitzender der Ruderer. Wenn die Ergebnisse des Doppelzweiers und des Doppelvierers, den beiden Topbooten der Frauen, in Brandenburg nicht stimmen, wird gegebenenfalls umbesetzt. Ende Mai sind die Boote für den zweiten Weltcup auf dem Luzerner Rotsee gemeldet, vom 17. bis 19. Juni auch beim dritten Weltcup im EM-Ort von 2015, in Posen. „Dazwischen fahren wir immer von Dienstag bis Samstag nach Berlin, um gemeinsam im Vierer zu trainieren“, sagt Carina Bär.

Die Etappen sind klar skizziert, das große Ziel stets vor Augen. Das Wichtigste: gesund bleiben. Bei den deutschen Kleinbootmeisterschaften in Köln vor knapp drei Wochen ist Carina Bär körperlich nicht in Bestform angetreten. „Das ließ sich auch mit der Hilfe unseres medizinischen Teams nicht über Nacht komplett kurieren“, sagt die Vizeweltmeisterin und Olympia-Zweite von London. Dazu kamen ungünstige Witterungsbedingungen. Bitter für die Ehrgeizige, die seit Jahren von der Sporthilfe Unterland Heilbronn-Hohenlohe gefördert wird. Aber längst kein Argument, dies als Ausrede zu nutzen, das ist nicht der Stil von Carina Bär. Die Zeit lässt sich ohnehin nicht zurückdrehen.

Analyse Mit ihrem Trainer Thomas Affeldt hat sie das Ergebnis analysiert: „Ich muss es akzeptieren – auch, wenn es die Vorergebnisse, wo wir auch gegeneinander gefahren sind, nicht wirklich widerspiegelt. Es bringt nichts, sich noch lange darüber zu ärgern. Wir fahren jetzt gemeinsam Vierer.“

Heute geht es in den Vorlauf, das A-Finale ist für 12.48 Uhr am Sonntag terminiert.

Die ARD-Sportschau sendet am Sonntag zwischen 13.30 Uhr und 14.15 Uhr sowie zwischen 15.50 Uhr und 16.10 Uhr.